Tierische vs. Pflanzliche Ernährung – Was Ist Wirklich Nachhaltig? Teil 2
oder wie du die Welt auf deinem Teller verändern kannst
Im vorigen Artikel habe ich über vier Gründe gesprochen, warum die Überproduktion von tierischen Produkten für unsere Erde schädlich ist. Hier möchte ich vier Gründe nennen, warum wir meiner Meinung nach weiterhin Fleisch, Eier und Milchprodukte essen sollten. Danach möchte ich mit einer Vision davon abschließen, wie eine wirklich nachhaltige Ernährung aussehen könnte.
Warum sollten wir trotzdem noch tierische Produkte essen?
1. Land ist nicht gleich Land
Im ersten Teil dieser Serie sprach ich über Land als eine knappe Ressource. Nun möchte ich das Thema Land näher ausführen.
Landwirtschaftliches Land ist nicht immer dasselbe. Es kann entweder als Acker oder als Weide für Tiere genutzt werden, was allgemein als Grünland bezeichnet wird. Graslandschaften, wie z.B. Steppen, kommen natürlicherweise überall auf der Welt vor. Dies sind Gebiete, in denen der Boden oder die klimatischen Bedingungen den Anbau von Feldfrüchten nicht zulassen, sondern nur den “Anbau” von Gras. Wie ich in meinem Artikel Was ist effiziente Landwirtschaft? erklärt habe, hat Grünland die einzigartige Fähigkeit, enorme Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern. Es kann sogar mehr Kohlenstoff im Boden speichern als Wälder! Und es ist dieses Grünland, das dazu beigetragen hat, die fruchtbarsten Böden der Welt zu schaffen. Sie können Humusschichten von mehreren Metern Dicke enthalten, die nicht nur als mächtige Kohlenstoffsenke wirken, sondern auch die Fruchtbarkeit des Bodens erhöhen.
Nach Angaben der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) sind 2/3 aller landwirtschaftlichen Flächen weltweit Grünland. In der EU sind 1/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche Grünland, und sie könnten (oder sollten) nicht anders genutzt werden.
2. ….und ein Tier ist nicht gleich das andere
Wo Tiere ins Spiel kommen ist hier: sie sind die einzigen, die das Grünland “nutzen” können. Wiederkäuer (Kühe, Schafe und Ziegen) haben die einzigartige Fähigkeit, Gras zu verdauen. Sie haben spezielle Mikroben in ihrem Verdauungstrakt, die es ihnen ermöglichen, die Zellulose im Gras in nahrhafte Verbindungen umzuwandeln. Und diese schließlich in Milch oder Fleisch zu verwandeln. Der Mensch oder andere Tiere sind nicht in der Lage, Gras zu verdauen!
Das macht Grasland (und damit auch die Wiederkäuer) in der Nahrungskette so wertvoll. Ohne Wiederkäuer, die auf Weiden grasen, könnten große Flächen nicht mehr nachhaltig genutzt werden. Auch hier gilt: Da Land eine knappe Ressource ist und die Bevölkerung ständig wächst, ist es wichtig, unser Land weise und nachhaltig zu nutzen.
3. Das Potential nachhaltiger Weidewirtschaft
Die Kehrseite der Medaille ist, dass heute viel natürliches Grünland in Ackerland umgewandelt wird. Und das mit schrecklichen Folgen für die Umwelt… Dieses neu geschaffene Ackerland ist viel anfälliger für Erosion. Und ein Großteil des Kohlenstoffs, der in diesem kostbaren Grünland gespeichert ist, wird in die Atmosphäre abgegeben und trägt so zum Klimawandel bei. Genau wie die Abholzung sind solche Veränderungen der Landnutzung einer der wichtigsten Auslöser für den Klimawandel.
Hier ersetzt ein System der Viehzucht (nachhaltige Weidewirtschaft) ein anderes (Fütterung einer großen Zahl von Tieren durch Ackerbau).
Neben dem Potenzial von Weiden, den Klimawandel umzukehren, sind Wiesen und Weiden auch Hotspots der Biodiverstität. Viele Pflanzen- und Insektenarten gedeihen nur auf Grasland. Pflanzenfresser (wie Kühe, Büffel, Schafe, Ziegen usw.) sind für ihr Überleben auf diese Ökosysteme angewiesen.
Und weltweit gesehen sind schätzungsweise 1 Milliarde Arme für ihre Ernährung und Einkommen von der Viehzucht abhängig. Umso wichtiger ist dadurch die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung von Weideland.
Und es zeigt uns, dass die Viehzucht und damit der Konsum von tierischen Produkten nicht per se schlecht ist. Vielmehr stellt sich die Frage, wie wir Tiere halten und wie viel tierische Produkte wir verbrauchen.
Hinweis: Wenn du die Zahlen für den CO2-Fußabdruck von Rind- oder Lammfleisch siehst, so beziehen sich diese meist auf Tiere, die mit Ackerfrüchten gefüttert werden, und nicht auf Tiere aus Weidehaltung. Und sie berücksichtigen nicht das Potenzial der nachhaltigen Weidehaltung für den Boden und den Humusgehalt. Mit Getreide gefütterte Wiederkäuer und Schweine stehen in direkter Konkurrenz zur menschlichen Ernährung, da das Ackerland, auf dem die Nahrungsmittel für sie angebaut werden, genauso gut zur Ernährung der Menschen genutzt werden könnte.
4. Was der Mensch nicht isst…
Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass wir unser Vieh (auch) mit dem Futter füttern, das niemand essen will und das sonst verschwendet würde. Nebenprodukte der Mühlen-, Bier-, Käse- oder Zuckerindustrie sind wunderbare, nahrhafte Futtermittel für die Tiere. Menschen hingegen können oder wollen diese Nahrungsmittel nicht essen. Es wäre also eine Verschwendung von Ressourcen, keine Tiere zu haben, an die diese Produkte verfüttert werden können oder wollen. Zumal tierische Produkte nahrhafte Lebensmittel für den menschlichen Verzehr darstellen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Vegetarier oder Veganer wieder anfangen sollten, tierische Produkte zu essen. Da so viele Menschen auf der Welt viel zu viele tierische Produkte essen, kompensieren sie in gewisser Weise die exzessive tierische Ernährung… Ich habe einen großen Respekt vor der Entscheidung einiger Menschen, keine tierischen Produkte zu essen!
Die Lösung: Eine ausgewogene Ernährung
Wie wir gesehen haben, ist es wichtig, das Gesamtbild zu betrachten, wenn wir über eine nachhaltige Ernährung für unsere Welt nachdenken.
Die entscheidende Frage ist, wie viel tierische Produkte wir essen und in welchem System diese Tiere gehalten wurden.
In den entwickelten Ländern essen wir viel zu viel Fleisch, Eier und Milchprodukte. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt einen wöchentliche Verzehr von 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Person. Bei 600 g pro Woche entspräche dies einem jährlichen Verzehr von 31,8 kg (während der durchschnittliche Deutsche 70 kg pro Jahr isst – und die Amerikaner sogar 100 kg pro Jahr!)
Früher aßen die Menschen einmal in der Woche Fleisch – in der Regel sonntags und zu besonderen Anlässen wie Weihnachten und Ostern. Fleisch war früher mal ein Luxus, aber die industrielle Tierhaltung machte es zu einer billigen Ware.
Ich persönlich versuche, nur einmal pro Woche Fleisch zu essen. Und wenn ich es tue, mache ich es zu einem Festessen!
Ebenso wichtig ist es, sich anzusehen, woher unsere tierischen Produkte kommen. Wurden die Tiere mit Getreide und Sojabohnen aufgezogen, also mit Lebensmitteln, die zur Ernährung der Menschen verwendet werden könnten? Oder wurden sie auf der Weide gehalten und nutzten ihre großartige Fähigkeit, Gras in Milch oder Fleisch zu verwandeln? Wurden die Tiere mit Würde und Respekt gehalten?
Nur eine kurze Randbemerkung: Ich habe nicht viel über die industrielle Tierhaltung und den ethischen Aspekt der Tierhaltung geschrieben. Zwar hält kein Landwirt seine Tiere mit der Absicht, sie zu quälen, aber wirtschaftliche Zwänge lassen oft wenig Raum für angemessene Lebensbedingungen der Tiere. Aus diesem Grund vermeide ich den Verzehr von Schweinefleisch und achte auf den Kauf nachhaltig produzierte Eier und Milchprodukte.
Ich weiß, dass es für Menschen mit wenig Hintergrundwissen in der Landwirtschaft schwierig ist, zwischen nachhaltiger und nicht-nachhaltiger Produktion zu unterscheiden. Deshalb werde ich diesem Thema in den kommenden Monaten hier auf dem Blog nachgehen.
Wie du die Welt auf DEINEM Teller verändern kannst
Zusammenfassend schlage ich vor…
- unseren Verbrauch an tierischen Produkten drastisch zu reduzieren. Wenn das für dich bedeutet, eine Mahlzeit weniger pro Woche Fleisch oder andere tierische Lebensmittel zu essen, dann ist das großartig! Wenn du noch mehr tierische Mahlzeiten durch pflanzliche ersetzen kannst, ist das noch besser.
- auf nachhaltig hergestelltes Fleisch und Milch von Rindern, Schafen oder Ziegen aus Weidehaltung umzustellen.
- wenig, aber qualitativ hochwertiges Fleisch, Milch und Eier zu essen. Falls du befürchtest, dass dies für dich zu teuer wird: Wenn du einfach weniger davon isst, kann es unter dem Strich sogar günstiger ausfallen!
Ich hoffe, diese Tipps waren dir hilfreich. Stimmst du mit meinen Ansichten überein? Was sind deine Gedanken zum Thema nachhaltige Ernährung? Lass es mich in den Kommentaren wissen!
Wie immer, vielen Dank fürs Lesen!
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